The Racket

MOH (3): 1. Oscars 1929 - "The Racket"

In unserer Serie "Matthias' Oscar History" (MOH) bespricht Matthias in jeder Folge jeweils einen der zwischen den Jahren 1929 und 2000 nominierten Oscar-Beiträge aus der Kategorie "Bester Film".

von Matthias Kastl / 23. September 2023

Nach der ordentlichen Portion Herz-Schmerz des Melodramas "Im siebenten Himmel" in unserer letzten Folge, ist die zweite Nominierung in der Kategorie “Outstanding Picture“ von 1929 eine deutlich härtere Angelegenheit. Vorhang auf für das vom exzentrischen Millionär und Unternehmer Howard Hughes (1905-1976) produzierte Polizei- und Unterweltdrama “The Racket“.


The Racket

Land
Jahr
1928
Laufzeit
84 min
Genre
Release Date
Oscar
Nominiert für "Outstanding Picture"
Bewertung
7
7/10

Niemand Geringeres als der berüchtigte Millionär Howard Hughes steckt als Produzent hinter dem Polizei- und Gangsterdrama “The Racket“. Hughes schillernde Lebensgeschichte, von Leonardo DiCaprio einst in Scorseses “Aviator“ zum Leben erweckt, beinhaltet, neben dessen Liebe für Luftfahrtunternehmen und zahlreichen abenteuerlichen Geschwindigkeitsrekorden, auch die Leidenschaft für die Umsetzung provokanter Filmstoffe. Mit dem von ihm produzierten “Scarface“ legte Hughes 1932 nicht nur den Grundstein für den modernen Gangsterfilm, sondern sich aufgrund der expliziten Gewaltdarstellung des Films auch gleich mit den amerikanischen Behörden an. Einen kleinen Vorgeschmack auf Hughes Vorlieben und Sturheit liefert aber bereits der 1928 produzierte “The Racket“, in dem Hughes seinem Status als Enfant Terrible alle Ehre macht.


Der Stummfilm stellt Chicago als korruptes Moloch dar, in dem man eigentlich so gar keinem vertrauen kann, weswegen die Stadt das Werk dann gleich mal aus den heimischen Kinos verbannte. Die Handlung war wohl einfach etwas zu nah an der Realität angesiedelt. Im Film versucht der moralisch integre Polizist Captain McQuigg (Thomas Meighan) der Gang des Gangsters Nick Scarsi (Louis Wolheim in einer Rolle, die nur zu offensichtlich an den damals aufstrebenden Al Capone angelehnt ist) das Handwerk zu legen. Dabei stößt er in den eigenen Reihen auf viel Widerstand und wird zwangsversetzt, versucht aber mit Hilfe von Zeitungsreportern weiter für die gute Sache zu kämpfen und Scarsi einzubuchten.  

“The Racket“ ist eine Art „Film Noir light“ und wird oft als Vorreiter des Genres bezeichnet. Einige der typischen Merkmale, vor allem die pessimistisch-fatalistische Weltsicht, sind hier bereits vorhanden. Sie werden aber etwas durch die Tatsache konterkariert, dass unsere Hauptfigur angesichts der Schwere der Story oft überraschend gut gelaunt und entspannt daherkommt. Das hebt zwar ein bisschen die Stimmung, wirkt manchmal aber schon sehr aufgesetzt, da der ständig grinsende Protagonist nicht so ganz zur eher dunkleren Handlung passt. Für die kurze Laufzeit (84 Minuten) ist das Figurenkarussell auch etwas zu groß geraten und einige banale Nebenplots, wie das Anbandeln zwischen einem jungen Reporter und einer Sängerin, hätte man sich besser sparen sollen.


Trotzdem funktioniert der Film insgesamt auch heute noch überraschend gut, da die Chemie zwischen McQuigg und Scarsi passt und die Versuche der zwei, sich gegenseitig in die Pfanne zu hauen ganz unterhaltsam geraten sind. Vor allem aber gelingen Regisseur Lewis Milestone (der Jahre später mit dem Antikriegsfilm “Im Westen nichts Neues“ Kinogeschichte schreiben sollte) einige richtig clever inszenierte und spannungsgeladene Sequenzen. Allen voran ein Treffen unterschiedlicher Fraktionen in einer Bar, bei dem sich ständig die Machtverhältnisse und die Dynamik im Raum ändern, je nach dem wer sich hinter wen setzt. Oder eine Trauerfeier, bei der sich zwei Gruppen entspannt gegenüber sitzen, bis auf einmal aufgelöst wird, dass alle Seiten unter ihren Mänteln mit gezogener Waffe auf den Gegenüber zielen.

Es sind dann auch diese interessant umgesetzten Momente, die dafür sorgen, dass “The Racket“ am Ende relativ kurzweilig und gerade für einen Stummfilm auch nicht zu verstaubt daherkommt. Und so darf man es durchaus als Glück betrachten, dass der einst verschollen geglaubte Film nach fast einem halben Jahrhundert Suche im Nachlass von Howard Hughes wiederentdeckt wurde und heute wieder für einen ordentlichen Filmabend sorgen kann.

"The Racket" ist aktuell leider nicht auf DVD verfügbar, aber auf YouTube zu finden (Suche nach “The Racket 1928“).
 


Ausblick

In der nächsten Folge erwartet uns der erste offiziell als bester Film ausgezeichnete Oscar-Beitrag und mit ihm jede Menge spektakuläre Weltkriegs-Action.

Bilder: Copyright

6
6/10

Das erste, was mir in Gegensatz zu dem Film"im siebten Himmel"auffiel,war die sehr viel differenziertere und auf die Handlung abgestimmte Filmmusik-bis ich feststellen musste, dass diese Fassung erst 2004 durch Robert Israel entstanden ist. Die Hauptfigur als Gangsterboss ist überzeugend gelungen. Die letzte halbe Stunde auf dem Revier ist für mich etwas chaotisch und schwer zu überblicken.
Danke nochmal für diese tolle MOH Serie, Matthias, ich bin so richtig angefixt und es macht Spaß sich durch die Film-Geschichte zu schauen !

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