Kevin Smith ist ein (wortwörtlich) außergewöhnlicher Filmemacher, der es dank einer treuen Fan-Gemeinde geschafft hat, sich seine eigene kleine Nische zu erarbeiten, in der er relativ unabhängig nach Gutdünken seine eigenen Projekte realisieren kann (wie und warum ihm das gelungen ist, dazu mehr in unserer Rezension zu seinem letzten Film "Clerks 2"). Smith ist dabei stets seinem individuellen Ton, der Vorliebe für einen herzlich-infantilen Humor und einer leicht zugänglichen, relativen Banalität in seinen Geschichten treu geblieben (einzige Ausnahme: sein ambitioniertester Film "Dogma"), während er immer wieder die typischen Lebenslagen seiner "Generation X" behandelte. Das machte in dieser Konsequenz stets den besonderen Charme von Smith aus, einem sehr "volksnahen" Regisseur, der sich nie irgendeinem prätentiösen Arthouse-Künstlergehabe hingegeben hat, obwohl er, wenn es um die bedeutendsten Independent-Regisseure der 90er geht, in einem Atemzug mit Steven Soderbergh, Jim Jarmusch und Quentin Tarantino genannt wird. So gesehen ist auch Smiths neuer Film "Zack and Miri make a Porno" eine konsequente Fortsetzung seines Gesamtwerks. Gleichzeitig ist er aber auch der traurige Beweis, dass Smith ernstlich Gefahr läuft, in seinen eigenen Konventionen zu erstarren und sich langsam aber sicher in kompletter Belanglosigkeit zu verlieren.
Einmal mehr sind Smiths Helden zwei typische Slacker, die mit Mitte 30 karrieremäßig genauso weit (bzw. eben nicht) sind wie mit Anfang 20. Zack (Apatow-Veteran Seth Rogen, "Beim ersten Mal", "Superbad") und Miri (Elizabeth Banks) sind beste Freunde seit Kindertagen, ein Status, den sie zeitlebens nie durch einen gemeinsamen Sprung ins Bett gefährdet haben. Zu Beginn des Films platzt Zack während ihres morgendlichen WG-Aufsteh-Rituals ins Badezimmer, während Miri gerade ihren Stuhlgang vollzieht, und die folgende Diskussion unterstreicht überdeutlich, dass die beiden eher wie Bruder und Schwester miteinander umgehen als wie zwei potentielle Bettgefährten. Wie der Titel des Films unschwer erahnen lässt, wird sich das allerdings ändern: Aufgrund des immer größer werdenden Stapels an unbezahlten Rechnungen brauchen die beiden einen Plan, wie sie kurzfristig an einen Batzen Geld kommen. Und nachdem ein Handy-Video, in dem Miri unfreiwillig zum "Star" geworden ist, im Internet zum kleinen YouTube-Hit avanciert, kommt den beiden die rettende Idee: Sie werden einen Porno drehen.
Was nun passiert, ist so vorhersehbar wie der "cum shot" am Ende einer Porno-Szene: Natürlich sind Zack und Miri füreinander bestimmt, natürlich brauchen sie ewig, bis sie das endlich erkennen und noch länger, bis sie es auch eingestehen können. Dazwischen liegen Vorbereitung und Durchführung ihrer eigenen Amateur-Porno-Produktion, unter anderem mit Smiths ewigen Weggefährten Jason Mewes (als Darsteller) und Jeff Anderson (als Kameramann) sowie den tatsächlichen Porno-Stars Traci Lords und Katie Morgan als weibliche "Darstellerinnen" Bubbles und Stacey. Man sollte meinen, dass sich dabei jede Menge Gelegenheit für zotigen Humor nahe und jenseits der Gürtellinie bietet, was ja schließlich auch Smiths wohl größtes Markenzeichen ist. Einzig: Wirklich witzig ist hier leider kaum etwas.
Ja klar, man kann durchweg immer ein bisschen schmunzeln, aber selbst die Gags sind hier so leicht abzusehen wie die ultra-konventionelle Liebesgeschichte. Natürlich ist die erste Idee für die Rahmenhandlung des Pornos ein "Star Wars"-Spoof (auch wenn dann aus "Star Whores" aufgrund unvorhergesehener Zwischenfälle leider doch nichts wird), und wenn Stacey vor dem Dreh einer Analsex-Szene darauf hinweist, dass sie gerade unter Verstopfung leidet, ist nicht schwer zu erraten, dass es gleich etwas unappetitlich für den Kameramann wird.
War das wirklich nötig, fragt man sich in so einem Moment, und fühlt sich an den Beginn des Films erinnert, wo man auch nicht über Zacks alten, indischstämmigen Chef lachen konnte, der (in seiner einzigen Szene im ganzen Film) vulgäre Beschimpfungen am laufenden Band von sich gibt. Es ist schon lange nicht mehr automatisch witzig, wenn aus unerwartetem Mund das Wort "Motherfucker" kommt, ebenso wenig wie der empörte "Rassist"-Vorwurf, wenn das Wort "black" in einem scheinbar negativen Kontext Verwendung findet.
Mit der Zeit wirkt es fast ein bisschen peinlich, wie Smith auf seinen alten Standards rum reitet (in keinem seiner Filme wirkte die übervulgäre Sprache jemals so aufgesetzt), während man vergeblich auf ein paar wirklich originelle Gags wartet. Selbst das Szenario "Ein paar Amateure versuchen, einen Porno zu machen" wird hier kaum einfallsreich ausgeschöpft, da war die thematisch ähnlich gelagerte deutsche Produktion "Pornorama" um Längen komischer und cleverer.
So hat man nur wenig, was einen hier bei der Stange hält, während die Handlung ihre überoffensichtliche Entwicklung entlang schleicht. Die ganze Prämisse funktioniert an sich nicht einen Augenblick, weil sich die Story und Smiths Tonlage gegenseitig im Weg stehen: Zum einen reden Zack und Miri äußerst freimütig über ihr Intimleben, sind beide alles andere als Kostverächter, was den zwanglosen "Nur so zur Triebbefriedigung"-Sex angeht, sollen zum anderen aber felsenfest davon überzeugt sein, dass (ganz nach "Harry & Sally") Sex jede Freundschaft zerstört. Ein bisschen mehr charaktereigene Prüderie hätte auch nicht geschadet, damit sich der Pornodreh auch wie eine Überwindung anfühlt. Vollkommen unglaubwürdig kommt dann auch der finale, das Happy-End hinauszögernde Konflikt zwischen Zack und Miri daher, der ebenso bemüht und gewollt wirkt wie seine Auflösung, die genauso gut auch 20 Minuten früher hätte kommen können.
Jenseits der vulgären Oberfläche ist das alles ganz fürchterlich konventionell erzählt, inklusive komplett käsiger Klischee-Szenen der "Wir halten zusammen/Freunde sind da, um einander zu helfen"-Sorte, die Smith wohl als liebevolle Referenzen ans Trivialkino seiner Jugend begreift, aber ohne jede Ironie abspult - weshalb sie einfach nur unerträglich platt wirken. Dass das alles nicht in kompletter Ödnis versackt und man auch mit der Love Story noch ein wenig mitfühlen kann, ist dem engagierten Einsatz von Seth Rogen und Elizabeth Banks zu verdanken, die aus ihren Figuren und deren wichtigsten Szenen alles rausholen, was drin ist. Da kann ihnen höchstens der einmalige Jason Mewes die Show stehlen, der in seinem nunmehr siebten Smith-Film auch endlich mal seinen Schwanz in die Kamera halten darf.
Immerhin ist mit "Zack and Miri make a Porno" damit zumindest ein Lebenstraum wahr geworden. Ansonsten muss man hier leider sehr resigniert konstatieren, dass dieser Film nicht mehr als eine sehr konventionelle, wenig einfallsreiche romantische Komödie ist, die eben von Kevin Smith stammt. Das ist, spätestens seit "Jersey Girl", aber längst kein Qualitätskriterium mehr, und vor allem kein "Must-See"-Event. Selbst für treue Fans. Und das ist wirklich traurig.
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