Kinotrailer versprechen viel und halten oft wenig - ein Zusammenschnitt der besten Filmszenen weckt Vorfreude auf einen Film, die dieser nicht erfüllt. Bei "Hidalgo" verhält es sich genau umgekehrt. Die Geschichte des Pony-Express-Reiters Frank T. Hopkins wird im Teaser als slapstickträchtige Freundschaft zwischen Mann und Pferd verkauft, die halsbrecherische Wüstenabenteuer erleben. Abenteuerlich ist die Geschichte von Hopkins (Viggo Mortensen) zweifelsfrei. Mit seinem Mustang Hidalgo (nicht schön, aber schnell) gewinnt er unzählige Pferderennen und verdingt sich in den 1890er Jahren als reitender Bote im Westen der USA. Sein Leben gerät aus der Bahn, als er eine Depesche zum Wounded Knee Creek bringen soll, wo der Stamm der Lakota-Indianer von amerikanischen Soldaten belagert wird und, so steht es in dem Papier, vernichtet werden soll. Hopkins, selbst ein Halbblut und von seiner indianischen Mutter einst "Blue Child" gerufen, wendet sich ab, als eine alte Lakota sich in der Stammessprache an ihn wendet. Sein Auftrag ist erfüllt, er kehrt zurück in die Stadt - bis sein Ritt durch den Widerhall von Schüssen aufgehalten wird. Die erstbeste Gelegenheit zum Anlass nehmend, haben die Amerikaner das gesamte Lager niedergemetzelt. Ein Anblick, den Hopkins nicht vergessen kann. Fortan tritt er, schwer Alkoholabhängig, mit Hidalgo in einer Western Show auf. Als dem gebrochenen Cowboy von einem Araber aus dem Publikum die Teilnahme an dem legendären Wüstenrennen "Ocean of Fire" angeboten wird, hat Hopkins nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen - und so schifft er sich mit seinem vierbeinigen Freund nach Saudi Arabien ein.
Bei den lebensgefährlichen Situationen, die das 3000-Meilen-Rennen durch die arabische Wüste an sich schon für Hopkins und Hidalgo bereit hält, bleibt es natürlich nicht. Wie in einer Geschichte aus 1001 Nacht fällt der Cowboy aus dem Abendland bei Scheich Riyadh (Omar Sharif) in Ungnade, weil er mit dessen einziger Tochter Jazira (Zuleikha Robinson) erwischt wurde. Die ganze Aufregung erweist sich natürlich als ungerechtfertigt, da Hopkins auch in der Wüste einzig Augen für seinen Gaul hat. Um das Rennen und den Favoriten, einen feurigen Araberhengst, entspinnen sich zahlreiche Intrigen, in deren Zuge Jazira von einem verstoßenen Neffen ihres Vaters entführt wird. Cowboy Hopkins kann sich mehr und mehr als Gentleman erweisen, während sich bei den arabischen Gastgebern - kein Klischee wird ausgelassen - alles um die Ehre dreht und unter jedem Gewand ein Dolch hervor blitzt.
Regisseur Joe Johnston legt mit "Hidalgo" eine klassische Abenteuergeschichte vor in deren Zentrum ein zerrissener, ruheloser Held steht, der aus der Gesellschaft auszieht, sich bewähren und schließlich selbst finden kann. Das es hier einen Cowboy aus dem sowieso schon legendenumwobenen Wilden Westen in das Morgenland verschlägt, ist sicher ungewöhnlich und bedient die Sehnsucht nach Eskapismus gleich zweifach. Hopkins Konflikt hinsichtlich seiner indianischen Abstammung bleibt indes etwas unglaubwürdig bei einem Regisseur, dessen Vorliebe für knallbunte Familienaction ("Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft", "Jumanji") in jeder Szene hervorblitzt. Der Ausstattung, an der man sich streckenweise kaum satt sehen kann, so etwa in Buffalo Bill's Wild West Show, kommt dies indes zugute.
Frank T. Hopkins war übrigens eine reale Figur. Ob der Film jedoch als autobiographische Geschichte gelten kann, wie im Vorspann angekündigt, erscheint genauso glaubwürdig wie ein entsprechender Klappentext in Astrid Lindgrens "Pipi Langstrumpf"-Büchern - immerhin genießt Hopkins historische Berühmtheit als eine Art Lügenbaron des Wilden Westens. Doch auch wenn "Hidalgo" sich etwas unentschlossen zwischen märchenhaftem Wüstenabenteuer und Selbstfindungsreise eines halbindianischen Cowboys bewegt - traumhafte Bilder und gute Darsteller machen es zu einem kurzweiligen Kinoerlebnis, das leider weit über die guten alten 90-Minuten-Zeiten hinausschießt. Und anders als im Trailer suggeriert, wird auf die Disney-typische, allzu vermenschlichte Darstellung des Vierbeiners verzichtet. Immerhin.
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