Oh,
welch falsche Erwartungen kann ein Filmtitel wecken.
Basierend auf
dem Wissen, dass es in diesem Film eine afroamerikanische
und eine
asiatische Gang gibt, daß Martial arts-Superstar Jet Li und
die Sängerin Aaliyah die Hauptrollen spielen, und bei diesem
Titel, was kann man da vermuten? Ich würde mal sagen, eine
„Romeo
und Julia“-Adaption mit ordentlich Action. Gut, dieses Stück
zu modernisieren ist nicht (mehr) sonderlich einfallsreich,
aber zumindest
ist dadurch eine vernünftige Handlung garantiert. Weit
gefehlt.
„Romeo must die“ nimmt sich nur ein einziges Detail aus
Shakespeare’s
berühmter Vorlage: Zwei verfeindete Gangs/Familien, und zwei
Sprößlinge, die sich nicht ganz unsympathisch sind. Alles
andere wird fallen gelassen, und man gibt sich keine
sonderliche Mühe,
einen neuen brauchbaren Plot zu erdenken.
Wir
befinden uns nicht im schönen Verona, sondern in Oakland,
Kalifornien,
wo die Gangstersyndikate von Ch’u Sing und Isaak O’Day
gemeinsame
Sache machen, um an ein riesiges Grundstück an der Küste
zu kommen. Dort soll ein neues Sportstadion entstehen, und
um nicht
verkaufswillige Immobilienbesitzer loszuwerden, greifen die
Jungs
auch mal zu rabiateren Methoden (wir fragen uns jetzt nicht,
ob man
in den USA wirklich ein so großes Bauprojekt ungestört
realisieren kann, wenn vorher die ganze Gegend mehr oder
weniger leergebombt
wurde). Ein wenig Unruhe kommt in die Sache, als der eine
Sohn des
asiatischen Bosses ermordet wird. Der andere Sohn, ein
ehemaliger
Cop namens Han, sitzt in Hongkong im Knast für ein
Verbrechen,
das er nicht begangen hat (logisch, oder?). Als er vom Tod
seines
Bruders erfährt, nimmt er Reißaus nach Amerika, wo er eher
zufällig die Bekanntschaft der feschen Trish O’Day macht
(was
wo die Tochter von dem anderen Gangsterboss ist). Gemeinsam
versuchen
die beiden nun, die zunehmenden Morde innerhalb der
Syndikate aufzuklären,
denn auch Trish’s Bruder segnet alsbald das Zeitliche.
Jet Li würde nicht die Hauptrolle in diesem Film spielen,
wenn
die Handlung mehr wäre als ein langweiliges und verworrenes
Vehikel
für spektakuläre Kampfsequenzen, und mit denen wird man
auch reichlich bedient. Und genau hier wird „Romeo must die“
zu einem
richtig schlechten Film. Unbegabte Schauspieler, eine
Möchtegern-Story
und wenig Logik gibt’s bei Jackie Chan-Filmen auch. Aber da
sieht
man wenigstens, daß die
Prügelszenen echt sind. Hier sieht man das genaue Gegenteil:
So ziemlich jede größere Klöpperei in diesem Streifen
hat zwei Besonderheiten. Zum einen wird jeweils einmal ein
Röntgenblick
eingesetzt, woraufhin die Kamera dann mehr oder weniger in
den Körper
des Opfers hineinfährt und in Nahaufnahme zeigt, wie der
Knochen
bricht/das Herz durchbohrt wird etc.; zum anderen gibt es
jeweils
immer mindestens eine Kampfaktion, die so dermaßen
offensichtlich
an einem Halteseil vollführt wurde, daß man sich als
Zuschauer
fragen muß, ob die das tatsächlich ernst meinen. Wenn Jet
Li zwei Meter in die Luft springt, sich im Uhrzeigersinn um
sich selbst
dreht, dabei drei Jungs in die Fresse tritt und anschließend
einen Meter zur Seite schwebt, um sich an eine Säule zu
klammern,
dann kann man eigentlich nur noch mit einem herzhaften
Lachen reagieren,
so lächerlich wirkt das Ganze. Kicking it Matrix-style ist
zwar
eine feine Sache, aber es hat schon einen triftigen Grund,
warum die
Jungs in der Matrix solche Stunts draufhaben, und die in den
anderen
Filmen eben nicht.
Der
Rest von „Romeo must die“ sieht aus, als hätte jemand einen
Trichter
genommen, alle Rap-Videoklischees reingeschüttet und unten
den
Filmstreifen hingelegt: Pimp Reflections, Gangsta Shit,
Don’t fuck
with my niggas, das alles wirkt so authentisch und
glaubwürdig,
als wenn Puff Daddy „Keep it real“ predigen würde. Schade
ist
diese hirn- und talentfreie Zone eigentlich nur für Delroy
Lindo,
eindeutig einer der besten schwarzen Schauspieler, der es
aber leider
immer noch nötig hat, in stumpfsinnigem Müll wie diesem
mitzuspielen, um die Miete zu zahlen. Alle anderen
sogenannten Mimen,
vor allem die Musikstars DMX und Aaliyah, sind hier genau
richtig
aufgehoben. Bei etwas mehr Niveau wären sie wahrscheinlich
völlig
überfordert.
Es ist schon eine extrem peinliche Angelegenheit, wenn ein
Film, an
den man so wenige Erwartungen stellt, selbst diese noch
enttäuscht.
Die Titelanspielung funktioniert in keiner Weise, von einer
Liebesbeziehung
zwischen den Hauptakteuren zu sprechen, wäre schlichtweg
gelogen:
Es gibt keine Chemie, es gibt noch nicht einmal
Lippenkontakt. Ein
paar sauber choreographierte, spektakuläre, aber bitte
halbwegs
glaubwürdige Kampfsequenzen hätte ich gerne gesehen. Aber
gerade was diese betrifft, so kann man „Romeo must die“
eigentlich
nur noch auslachen. Jeder weiß, daß Jet Li das ohne visuelle
Effekte gut genug kann. Ihm mit diesem lächerlichen
Schnickschnack
unter die Arme greifen zu wollen, ist mehr als überflüssig
und nur noch peinlich. Dann lieber einen Jackie Chan aus der
Videothek.
Originaltitel
Romeo Must Die
Land
Jahr
1999
Laufzeit
108 min
Genre
Regie
Release Date
Bewertung
Bilder: Copyright
Warner Bros.
Neuen Kommentar hinzufügen